Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's euch auch wohl. (Jer 29,7)

Liebe Leserinnen und Leser,

als Monatsspruch begleitet uns im Oktober ein Vers des Propheten Jeremia. Wenn ich seine Worte lese, kann ich nur zustimmen: Das ist eine klare und positive Botschaft! Sie stammt aus alter Zeit und ist zugleich so passend und richtungweisend für unsere Gegenwart.

Die Worte stehen in einem Brief, den der Prophet Jeremia an die Judäer richtet, die nach Babylon ins Exil verschleppt worden sind, nachdem der babylonische König Nebukadnezar Jerusalem im Jahr 597 vor Christus erobert hatte.

Für die deportierten Menschen ist die Situation sehr schwer. Sie sind fern ihrer Heimat, 1000 km entfernt von ihrem Tempel in Jerusalem und hoffen auf ein baldiges Ende der Zeit im Exil. Da erreicht sie Jeremias Brief mit einer ganz anderen Zukunftsperspektive.

Die Menschen sollen jetzt in Babel ein ganz normales, friedvolles Leben führen: Häuser bauen, Äcker bestellen und ernten und Kinder bekommen, sich für das Wohl der Stadt einsetzen und für sie zu Gott beten. Dann wird auch Babylon für sie eine Stadt des Friedens sein, wie es eigentlich Jerusalem ist.

Das, was Jeremia als Grundlage für ein gutes Leben der Menschen in Babel beschreibt, gilt genauso in unserer Zeit: Eine Stadt ist nur dann ein guter Lebensraum für alle, wenn das Gemeinwohl im Zentrum steht und gerade an die Grundbedürfnisse der Schwachen gedacht wird.

Im Sinne Jeremias der Stadt Bestes zu suchen bedeutet, dass immer überprüft werden muss, wie hoch die Hartz IV-Sätze sein müssen oder die Grundsicherung im Alter, wie es um die Gesundheitsleistungen für alle steht und um bezahlbaren, guten Wohnraum, wie die Leistungen für Bildung und Teilhabe den Kindern und Jugendlichen möglichst leicht zugänglich gemacht werden können und dass Fremde und Flüchtlinge gastfreundlich aufgenommen werden.

Gelsenkirchen ist eine Stadt, in die seit jeher immer Menschen neu hinzugekommen sind, heute hat rund ein Fünftel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Wenn wir für die Stadt etwas unternehmen wollen, dann geht das am besten gemeinsam, ganz gleich, woher er oder sie kommt, egal welche Religion sie hat oder ob er keine Religion hat.

Durch Jeremia ruft Gott uns auf: „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie!“ Es ist wichtig, dass wir immer wieder innehalten und uns darauf besinnen, dass wir nicht alles aus uns selbst schaffen müssen, sondern dass Gott an unserer Seite ist mit seinen Beistand, seinem Segen und der Verheißung seines Friedens. Gott lässt uns nicht allein mit den Aufgaben, die er uns gibt.

So haben am 12. und 13. September die Konfirmandinnen und Konfirmanden bei ihrer Konfirmation in der Dreifaltigkeitskirche mit den Franz von Assisi zugeschriebenen Worten gebetet:

Gott, lass uns zu Helfern deines Friedens werden:
dass wir Liebe wagen, wo man sich hasst;
dass wir verzeihen, wo man sich beleidigt;
dass wir schlichten, wo Streit ist;
dass wir die Wahrheit sagen, wo Irrtum herrscht;
dass wir Hoffnung wecken, wo Verzweiflung quält;
dass wir ein Licht anzünden, wo Finsternis regiert;
dass wir Freude bringen, wo Kummer wohnt.

Gott, lass uns das Geheimnis deines Friedens erfahren;
dass wir getröstet werden, wenn wir trösten;
dass wir verstanden werden, wenn wir verstehen;
dass wir geliebt werden, wenn wir lieben.

Denn wer hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, wird nicht verloren sein.

Amen.



Ihre Elga Zachau