Vorurteile und Hochmut haben keine Macht mehr.

  (Quelle: epd-bild/Keystone)







Quelle: epd-bild/Keystone

Wo dein Geist weht, leben Menschen in Vielfalt friedlich zusammen.

Bei dir, Gott, zählen Herkunft, Hautfarbe und Geschlecht nicht.

Wo du bist, Gott, verliert sich die Angst.

Gott, bei dir wollen wir sein, mit dir wollen wir leben.

Amen.



Liebe Leserinnen und Leser,

in diesem Jahr wird vielerorts daran erinnert, dass Dr. Martin Luther King Jr. vor 50 Jahren, am 4. April 1968, in Memphis ermordet worden ist.

Aus seinem tiefen Glauben heraus, am Gebot der Nächstenliebe und am Prinzip des gewaltfreien Widerstands orientiert kämpfte der Pastor einer Baptistengemeinde und Bürgerrechtler gegen Rassentrennung, Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit. Er war in den 1950er und 1960er Jahren der bekannteste Vertreter der Bürgerrechtsbewegung in den USA.

Zu Martin Luther Kings großem Erbe zählt die Überzeugung, dass es zu einem Leben aus christlichem Glauben gehört, sich für Frieden und Gerechtigkeit, für Gleichberechtigung und Freiheit einzusetzen.

Seine Visionen inspirieren und motivieren uns auch heute. Erinnern wir uns an seine berühmte Rede über seinen Traum von gleichen Rechten und gleicher Teilhabe aller Menschen, ganz gleich welcher Hautfarbe:

Ich habe einen Traum, dass sich eines Tages diese Nation erheben wird und die wahre Bedeutung ihrer Überzeugung ausleben wird: Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: Alle Menschen sind gleich erschaffen.

(…)

Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt. Ich habe heute einen Traum!“ (28. August 1963, Washington, D.C)

In diesen Tagen wird bei uns intensiv über Rassismus und Diskriminierung im Alltag diskutiert. Ihren Auslöser hat die Debatte in dem Rücktritt von Mesut Özil aus der deutschen Fußballnationalmannschaft.

Viele Menschen mit Migrationshintergrund finden sich in Özils Erfahrungen von rassistischen Anfeindungen und dem Gefühl mangelnden Respekts wieder und berichten – insbesondere im Internet bei der „Me Two-Aktion“ - wie sie in Deutschland in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung erleben.

Zu Beginn seiner Karriere in der Nationalmannschaft war Özil der „Junge aus Gelsenkirchen-Bulmke“, der „das neue Deutschland vertritt“, wie es 2010 in einem Zeitungsartikel hieß.

Die erschreckenden aktuellen Erfahrungsberichte von Menschen mit Migrationshintergrund zeigen, dass es keinesfalls so selbstverständlich um Integration und das „neue Deutschland“ steht, wie es 2010 klang. Heute hat die Mehrheit der Menschen in Deutschland den Eindruck, dass in den vergangenen 10 Jahren der Rassismus in unserer Gesellschaft zugenommen hat. Das ist alarmierend.

Im Blick auf gelingende Integration geht es um eine gemeinsame Verantwortung von Mehrheitsgesellschaft und Migrantinnen und Migranten.

Für mich als Angehörige der Mehrheitsgesellschaft ist es wichtig, dass ich mir bewusst werde, welche unsichtbaren Privilegien ich habe, wie sich diese sich in meinem Alltag auswirken und wie durch sie andere Menschen Benachteiligung erfahren - ein entscheidender Schritt, um dazu beitragen zu können, die Privilegien in ihrer ausgrenzenden Kraft zu reduzieren.

Unsere US-amerikanische Partnerkirche, die (mehrheitlich weiße) United Church of Christ (UCC – die Vereinigte Kirche Christi), lädt ihre Kirchengemeinden gegenwärtig ein, Gesprächsreihen über das „White Privilege“, über die Privilegien Weißer, zu führen. Sehr genaues Hinschauen ist nötig, um diese Privilegien selbst wahrzunehmen. Aber wir haben Augen, um zu sehen! Das unterstreicht schon Jesus, so die UCC in ihrem Aufruf zu diesem Programm.

Möge Gottes Heiliger Geist uns inspirieren und ermutigen, gegen Ausgrenzung und für Gerechtigkeit einzutreten und neue Visionen zu entwickeln, dass wir Menschen hier in Gelsenkirchen und in der Welt in Vielfalt friedlich zusammenleben!

Ihre Elga Zachau


Das Gebet und der Auszug aus der Rede Martin Luther Kings sind zitiert aus dem „Abendgebet zum Gedenken an Martin Luther King“ der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2018, S. 7 u. 11.