Text zum Nachlesen
Ezechiel 34
11 Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.
12 Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war.
15 Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der HERR.
16 Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken.
Liebe Gemeinde,
nach Ostern in die Welt zu sehen,
heißt für mich danach zu fragen,
wie der Glaube Licht ins Leben bringt.
Hoffnung will - aus der Auferstehung Jesu -
in uns und unter uns wachsen,
uns Hoffnung auch für eine neue, bessere Welt bringen.
An diesem Sonntag liegt unserer Suche
der Gedanke an Gottes Barmherzigkeit zugrunde.
Sie beschreibt der Prophet Ezechiel im Bild des Hirten.
Martin Luther schrieb dazu:
Gott nennen wir das, worauf wir uns in allen Nöten verlassen.
Aber schon Luther wusste,
dass das für die Menschen nicht selbstverständlich der Gott der Bibel oder der Vater Jesu Christi war. Er zählt im Großen Katechismus eine Menge Götter seiner Zeit auf:
etwa bestimmte Heilige, an die man damals glaubte;
mächtige Leute, auf die man rechnete oder die man fürchtete,
die Gesundheit,
die Karriere,
die Ehre und - aktuell wie heute schrieb er:
„Der Mammon (Geld /Besitz) ist heute der allergrößte Gott auf Erden“.
II Wer heute auf einen liebenden Gott vertraut,
den halten die Menschen schlichtweg für „belämmert“.
Zu groß ist der Vertrauensverlust…
gegenüber allem, was sich nicht berechnen oder verrechnen lässt.
Heute haben Freiheit und Autonomie einen größeren Wert.
Menschen lassen sich nicht mehr in ein moralisches Korsett zwängen.
Sie entscheiden lieber selbst, was sie glauben wollen.
Man ist stolz darauf, unabhängig zu sein.
Menschen entziehen sich nicht nur religiöser Verengung,
sondern auch anderen Formen von Bevormundung.
Es wird gerne kritisiert, auch wenn man selbst lieber keine Verantwortung übernehmen möchte.
Erschwerend kommen noch die ganz persönlichen Erfahrungen mit Vertrauensbrüchen hinzu.
Da lassen einen die besten Freunde in der Krise im Stich,
die Partnerschaft zerbricht, weil Treue keinen Wert mehr hat.
Man wird um Hilfe gebeten und dabei noch übers Ohr gehauen…
III Doch wir wissen auch, wie groß der Wunsch nach den ganz anderen Erfahrungen ist.
Da gibt es jemanden, auf den ich mich verlassen kann.
Menschen stehen uns zur Seite, obwohl sie das nicht müssten.
Eine Lehrerin unterstützt eine schwierige Schülerin,
damit sie die Versetzung doch noch schafft.
Der Chef gewährt einem Mitarbeiter eine Auszeit, damit er sich um den kranken Vater kümmern kann.
Wie wunderbar ist die Erfahrung, sich in einer Freundschaft nicht zu täuschen.
Wie schön, wenn aus Verliebtheit eine verlässliche Partnerschaft und gemeinsame Zukunftsplanung wird.
Da gibt es Aufmerksamkeit und Anteilnahme für Menschen, die trauern. Jemand, der zuhört.
IV Bedeutsam sind solche Erfahrungen von Akzeptanz auch,
wenn wir selbst mal ordentlich was verbockt haben.
Vielleicht passt dann gerade das alte, fremde Bild vom Hirten,
das uns heute an Gottes Barmherzigkeit erinnert.
Denn es geht dabei ja genau nicht um Unterordnung,
sondern um das Angebot göttlicher Fürsorge und von Gottes Schutz.
Alle Vorfahren waren Hirten (Mose, David, …); Sie lebten als Nomaden.
Es war ihre Profession, mit der sie das Leben der ganzen Sippe sicherten.
Hirten nannten sich später auch die Verantwortlichen und politischen Eliten,
Ihre Aufgaben umfassten:
- die Verantwortung wie die eines Königs für sein Volk,
- genauso wie die heilende Kunst der Medizin.
- Verantwortung war an die Qualität der Beziehung gebunden
und meinte die Haltung dessen, der dem schwächsten Glied der Gruppe nachgeht,
es sucht, damit es nicht verloren geht und auf den Schultern zurückträgt.
- Es gehört die Stärke dazu, Bedrohung abzuwehren und jedes einzelne Tier zu beschützen.
- Hirten sorgten für Wasser und Nahrung; sie nährten die Herde.
V Ezechiel hat ein kritisches Bild von Menschen, die sich selbst zu Hirten erklären.
Schon sein Name ist Programm und bedeutet: Gott (!) ist meine Stärke.
An Gottes Fürsorge hat er dagegen keinen Zweifel.
Gott spricht: Hier bin ich.
Das ist Beistand und Hilfe und eine Fülle an Güte.
Welche Gefahr hat Gott in unserem Leben schon von uns abgewendet?
Wie oft hat er uns genährt, wenn uns Worte aufrichteten.
Gott, der Hirte, – ist wie ein guter Vater oder eine liebende Mutter.
So hat sich das Bild der Fürsorge auch auf Jesus übertragen.
Von ihm wissen wir, dass wir einander brauchen und
ein wenig füreinander das sein können,
was der gute Hirte für die Herde ist:
Fürsorge und Schutz.
Gott gebe uns Widerstandskraft,
indem er unser Vertrauen, unsere Hoffnung und unsere Liebe stärke.
Amen.
Gebet
Du guter Hirte,
still unseren Mangel an Liebe.
Erquicke unsere müde Seele,
die oft keine Ruhe findet.
Leite uns auf gute Wege,
wenn wir die Orientierung verlieren.
Tröste uns in dunklen Stunden,
wenn wir keinen Ausweg sehen.
Lass uns deine Freundlichkeit schmecken,
wenn wir uns schutzlos und verlassen fühlen.
Mach uns dein Haus des Lebens
zur Heimat.
Amen.
Der Herr segne euch und behüte euch,
alle, die sich sehnen nach Heilung an Leib und Seele,
alle, die sich sehnen nach Glauben und Zuversicht,
alle, die sich sehnen nach Auferstehung mitten im Leben.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf euch
und gebe euch Frieden.
Amen.