Jahreslosung 2019: „Suche Frieden und jage ihm nach!“ (Ps 34,15)

Stell dir vor, es ist Frieden, und jeder geht hin!“ singt Udo Lindenberg. Mit dem Song WIR ZIEHEN IN DEN FRIEDEN ruft die Rock-Legende zu einer neuen Friedensbewegung auf. Er singt ebenso von „Love and Peace“ und „Friedensflaggen“, wie von „Brüderlichkeit“ und „Menschlichkeit“. Die Worte des Songs treffen mich. Die Melodie reißt mich mit. Und da tritt der Wunsch auf:

Komm wir ziehen in den Frieden
Wir sind mehr als Du glaubst
Wir sind schlafende Riesen
Aber jetzt stehen wir auf
Lass Sie ruhig sagen das wir Träumer sind
Am Ende werden wir gewinnen
Wir lassen diese Welt nicht unter gehen
Komm wir ziehen in den Frieden.“


Komm wir ziehen in den Frieden“, „Wir sind mehr als Du glaubst“, „Wir lassen diese Welt nicht untergehen“ – daraus spricht die Sehnsucht eines Friedens-Jägers. In diesen Worten ist eine menschliche Sehnsucht ausgedrückt. In diesen Worten entdecke ich meine Sehnsucht: sich für Frieden einzusetzen, füreinander da zu sein, und das nicht nur heute, sondern ein Leben lang. Der Songtext erinnert mich an die neue Jahreslosung.

In Psalm 34 heißt es in einem Vers: „Suche Frieden und jage ihm nach!“ Da ist auch von Frieden die Rede, von Suchen und Jagen. Udo Linderberg und der Psalmbeter haben was gemeinsam. Beide fordern mich dazu auf, aus meiner Komfortzone herauszukommen, hinzuschauen und aktiv zu werden: in meiner Familie, in meiner Nachbarschafft, in meiner Gemeinde, in der Schule, in meinem Alltag. Überall da bin ich dazu angehalten, hinter die Fassaden zu blicken, nachzufragen und mich einzumischen für den Frieden.

Auf der einen Seite spüre ich die Begeisterung und Euphorie. Merke, wie ich beiden Liedsängern zu rufen will: „Ja, ich bin dabei!“. Auf der anderen Seite habe ich eine Reihe an Fragen: „Wie geht das?“, „Wie kann ich das in meiner Lebenswelt umsetzen?“ Was ich jetzt brauche, ist ein Vorbild. Ein Vorbild, dem ich nicht blind nacheifere und verausgabe, sondern an dem ich mich auf reflektiere Weise orientiere. Die Bibel kennt viele Friedens-Jäger. Für mich ist Jesus der ideale Friedens-Jäger.

Der Marschtritt der römischen Sandalen halt durch ganz Israel. Es war „5 Minuten vor dem großen Knall“. Mitten in dieser angespannten Zeit sind noch andere Schritte zu hören. Schritte in der Wüste, Schritte, die die Welt verändern. Jesus von Nazareth. Anders als Johannes der Täufer lässt Jesus die Leute nicht zu sich kommen, sondern geht selbst auf die Menschen zu. Der Gottes Sohn geht dahin, wo die Menschen leben und lässt sie ein Stück Himmel auf Erden erfahren. Bei Gesprächen steht immer sein Gegenüber im Fokus. Er lässt die Menschen ausreden und benutzt sie nicht als Stichwortgeber. Er schließt niemanden aus, sondern stellt sich dicht an die Seite der Menschen. Er empfindet Mitleid mit ihnen, schaut aber auf niemanden mitleidig herab. Es gibt keine Träne, die Jesus kalt lässt, keine Not, die ihm fremd ist, keine Angst, die er nicht selbst durchgestanden hat. Wie ein guter Hirte begleitet er sie auf ihrem Weg. Er hört ihnen aktiv zu, lässt sich in ihre Lebenssituation und sozialen Bezügen mit hineinnehmen, und entwickelt mit ihnen zusammen eine Version ihres zukünftigen Weges. Seine Demonstration des Friedens erreicht beim Einzug in Jerusalem einen Höhepunkt. Jesus reitet auf einem Esel in Jerusalem ein, dem Zentrum der römischen Macht. Fünf Tage später wird er gekreuzigt. Jesu Anhängern schenken die Römer keine Beachtung mehr. Sie halten sie für Träumer. Pontius Pilatus wird wenige Jahre später wegen seiner brutalen Amtsführung vom Kaiser abgesetzt. Das Römische Weltreich wächst weiter an. Mit Machtgier, Unterdrückung und Waffengewalt hält es die Pax Romana, den römischen Frieden, aufrecht.

Das Römische Reich ist heute schon lange untergegangen. Jesus hingegen wird von Millionen Christinnen und Christen auf dieser Welt verehrt. Natürlich gibt es in der Welt noch viel Schmerz und Leid, es gibt noch viel Kummer und Sorgen, noch immer gibt es viel Unterdrückung und Machtmissbrauch. Aber: Es gibt viel mehr Menschlichkeit, viel mehr Toleranz, viel mehr Recht und viel mehr Ordnung, als vor über 2000 Jahren. Diesen Frieden gibt es dank der Menschen, die sich an Jesus oder anderen Friedens-Jägern unserer Zeit orientieren. Diesen Frieden gibt es dank der Männer und Frauen und Kinder, die füreinander einstehen und sich nicht von der Resignation anderer ersticken lassen. Und davon gibt es viele. Sie sind überall. Menschen, die der Hoffnung auf eine bessere Welt Raum und Bedeutung in ihrem Leben geben und in den Frieden ziehen.

Ich will dabei sein!

Sie auch?

Ihr Pfarrer Mario Huhn